Altheim (vov). Das Plakat mit der dunkelhaarigen Frau, der Bandname: alles deutete auf ein Gothic-Konzert hin. Zum Glück kommt es manchmal anders. Wildeve um die charismatische Frontfrau Lili P. boten am Samstag im Altheimer "Rainbow" astreinen Rock –, mal grungig, mal alternativ, mal düster und melancholisch, aber immer mit genialen Ohrwurm-Refrains.
Und doch könnte man Songs wie der Eröffnungsnummer "Eternalize" aufgrund der Atmosphäre, des hohen Gesangs und des Gitarrenteppichs fast einen leichten Gothic-Touch andichten. Und die düstere und melancholische Seite von Wildeve würde auch ganz gut in diese Richtung passen.
Wildeve drängten einem aber immer einen anderen Vergleich auf: 4 Non Blondes hieß die vielversprechende Band um Sängerin Linda Perry, die mit "What's Up" einen Riesenhit landeten, dann aber wieder im musikalischen Sumpf versanken. Und genau diese 4 Non Blondes-Stimmung schaffen auch Wildeve-Songs wie "What a Man". Mit der Coverversion von besagtem "What's Up" bekannten sich Wildeve im Laufe des Abends dann noch eindeutig zu den 4 Non Blondes.
Wildeve sind aber alles andere als ein Plagiat. Dazu sind die Musiker, die Sängerinnen und vor allem die Songs viel zu gut. Ob nun der neue Ohrwurm "Flyin' High", das rockige "Refugee" oder das beeindruckende "Song About a Guy", bei dessen Mördergroove sich die starke Rhythmusgruppe J. P. Stables (Drums) und Bob Kachler (Bass) so richtig austoben konnten.
Auch Alex Müllers Gitarrenspiel passt perfekt zur Musik von Wildeve; ob er es nun richtig heavy krachen lässt, eher leise und melancholische Parts spielt oder mit fetzigen Soli beeindruckt. Schön ist auch die Stimme von Backgroundfrau Tanja Eble, die alles andere als in den Hintergründ gehört. Sie weiß nicht nur, wie man mit einem Schellenkranz umgeht oder die Stimme von Lili perfekt ergänzt, sondern kann im Song ,,In My Dreams" mit ihrer starken, souligen Stimme überzeugen.
Trotz allem bleibt Wildeve das musikalische Baby von Lili P. Die Frau lebt ihre Musik regelrecht und singt sich die Seele aus dem Leib. Und dabei muss sie sich nicht hinter amerikanischen Rockladies verstecken. Ein Hit von Wildeve stammte übrigens aus der Feder von Mike Oldfield. Dessen Klassiker ,,Moonlight Shadow" hat man allerdings noch selten in einer solch genialen Rockversion mit funkigem Bass und spaciger Gitarre zu hören bekommen.
[Bild und Text: Volker Schmid | Neckar-Chronik, 26.03.2002]
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